Page 11 - Der Deggendorfer
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Der Deggendorfer: Der Klinikbetrieb läuft weiter, täglich werden Babys geboren, Herzinfarkte, Autounfälle und zusätzlich Corona Patienten aus dem ganzen Landkreis versorgt. Wie wirkt sich das auf den Alltag in der Klinik aus?
 Dr. Inge Wolff: Wir haben gelernt enger zusammenzuarbeiten und dass wir voneinander abhängig sind. Wir mussten gemeinsam zügig Entscheidungen treffen und innerhalb kürzester Zeit umsetzen. Da musste auch einmal Liebgewonnenes über Bord geworfen werden. Letztlich waren wir gezwungen, getrennte Strukturen aufzubauen: für Corona-Patienten in abgeschirmten Bereichen und für die übrigen Erkrankten, die auf Grund der Pandemie häufig erst, wenn es nicht mehr anders ging, das Krankenhaus aufsuchten. Das hat viel Ressourcen im Personalbereich benötigt, es durfte innerhalb des Personals keine Durchmischung der Behandlungsbereiche erfolgen. Geholfen hat uns hier, dass wir in unserem eigenen Labor selbst Tests durchführen konnten und so innerhalb weniger Stunden eine Information über den Infektionsstatus des Patienten erhielten.
Nichtsdestotrotz waren wir durch externe Auflagen gezwungen unsere Kapazitäten für die Versorgung von Corona-Infizierten herunterzufahren. Auch wenn es für das Freihalten von Betten Ausgleichszahlungen für Krankenhäuser gab und gibt, decken diese nicht die bestehenden Vorhaltestrukturen. Offen bleibt, ob die nicht durchgeführten Eingriffe zu einem Andrang nach Ende der Pandemie führen werden.
Der Deggendorfer: Diese schwierige Sondersituation für alle Mitarbeiter/Innen im Klinikum besteht nun seit mehr als einem Jahr. Auch viele Menschen draußen kommen an in Ihre Grenzen, z.B. durch Existenzängste und Mehrfachbelastungen wie Homeschooling und Homeoffice. Wie meistern Ihre Mitarbeiter/Innen diese Dauerbelastung?
Dr. Inge Wolff: Letztlich kann sich keiner vorstellen, wie es ist, praktisch ein Jahr im Ausnahmezustand zu arbeiten – außer man hat es selbst erlebt. Unsere Beschäftigten haben alles gegeben und sich nicht unterkriegen lassen. Viele mussten einspringen, wenn sich Kollegen infiziert haben. Mittlerweile wird es deutlich, dass die überlange Belastung an den Nerven zehrt und man an seine Grenzen kommt. Bis jetzt wurde ununterbrochen voller Einsatz für die Erkrankten geleistet. Viele sind dem Virus näher als die meisten Menschen. Gleichzeitig sind unsere Mitarbeiter auch Teil einer Familie und müssen wie viele die Betreuung ihrer Kinder sicherstellen. Ich habe größten Respekt davor, wie sie das alles unter einen Hut bringen und dennoch ihre Verantwortung für die Patientenversorgung übernehmen.
Der Deggendorfer: In den Medien wird immer propagiert, dass eine Überlastung der Corona Stationen die eigentlich große Gefahr in der Krise darstellt. Wie sieht es hier konkret für den Landkreis Deggendorf aus?
Landrat Christian Bernreiter: Das ist richtig. Auch im Landkreis Deggendorf waren wir an den Grenzen der Belastbarkeit. Was hier auf der Corona-Station und auf der Corona-Intensiv von den Klinikmitarbeiterinnen und -mitarbeitern geleistet wird, genießt meinen höchsten Respekt. Die Corona-Pandemie hat uns mittlerweile seit einem Jahr fest im Griff. Dies ist ein sehr langer Zeitraum, der allen – ganz besonders jenen, die direkt am Corona-Patienten sind, wahnsinnig viel abverlangt. Auch die psychische Belastung muss man sehen, dass - trotz aller Anstrengung – Patienten versterben. Dies zu verarbeiten, ist sehr schwer.
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